"The Cascades" von Scott Joplin und die Weltausstellung in St. Louis
Thursday, March 30, 2017
Wenn Sie an Scott Joplin (1867 oder 1868-1917) denken, fällt Ihnen sicherlich zunächst ein Rag ein, aber keine Komposition für Klavier, Streicher, Bläser und Schlagwerk - und genau diese Besetzung entspricht dem einzigen in der RISM Datenbank überlieferten Werk von Joplin, der am 1. April vor 100 Jahren starb.
Das bei RISM verzeichnete Werk ist ein Orchesterarragement von “The Cascades” (RISM ID no. 702010162). Der originale Rag für Klavier, der von Joplins Verleger als “as high-class as Chopin” beworben wurde, wurde anlässlich der Weltausstellung in St. Louis im Jahre 1904 komponiert. Diese Weltausstellung wurde auch als Louisiana Purchase Exposition bekannt und galt als Hundertjahrfeier eines historischen Ereignisses, das die Größe der Vereinigten Staaten verdoppelte und ins Zeitalter der Erkundigungen und westlichen Erweiterung einführte. Die Weltausstellung, die geschätzt 20 Millionen Menschen aus aller Welt anzog, stellte die Bereiche Technik, Wissenschaft und Medizin in den Fokus der Besucher. Aussteller aus 50 Ländern und den Vereinigten Staaten bescherten den Messegästen eine angenehme Zeit.
Die “Kaskaden” aus Joplins Titel waren Teil das “most beautiful feature of the Exhibition” und beliebtes Souvenirfoto. 14 Wasserfälle Flossen vor der Festhalle (Festival Hall) in ein Becken zusammen. Die Festhalle war der Hauptort für Musikaufführungen und beherbergte die weltweit längste Orgelpfeife der Zeit. Joplin besuchte vermutlich die Eröffnung der Weltausstellung und der “Kaskaden”-Rag konnte dort oft gehört werden.
Hören Sie wie das Wasser spritzt, die Kaskaden runterfließt oder nehmen Sie strukturelle und harmonische Ähnlichkeiten mit Joplins “Maple Leaf Rag” wahr.
“The Cascades” in RISM wurden von Etilmon J. Stark (1868-1962) bearbeitet und 1905 veröffentlicht. “Till” war der Sohn von Joplins Verleger John Stark, der etwa ein Drittel von Joplins Werken herausgab. In der Ausgabe von 1914 der Monatsschrift Christiansen’s Ragtime Review, ist ein kurzer fiktiver Dialog von John Stark wiedergegeben, in welchem ein Zuhärer von einem “The Cascades” spielendes Orchester fasziniert wird. War unser Bearbeiter der imaginäre Zuhörer?
Heute werden die Stimmen in der Koninklijke Muziekmaatschappij Casino in Tongeren, Belgien (B-TOekmc) aufbewahrt, eine Musikinstitution mit einer 250 Jahre alten Geschichte.
Zahlreiche Veranstaltungen in den Vereinigten Staaten feiern dieses Jahr Scott Joplin, beispielsweise ein Konzert im der Carnegie Hall mit Richard Dowling und allen Klavierwerken von Joplin, ein Konzert in Joplins Heimatort Texarkana, das jährlich stattfindende International Ragtime Festival in Sedalia (Missouri) und ein Konzert in Joplins letzter Ruhestätte St. Michael’s Cemetery in New York.
Abbildung: Titelblatt zu “The Cascades” von Scott Joplin (St. Louis: John Stark, 1904). Aus der sheet music collection der Library of Congress.
Literatur: Edward A. Berlin, King of Ragtime: Scott Joplin and his Era (New York: Oxford University Press, 1994).
Berlin, “Joplin, Scott.” Grove Music Online. Oxford Music Online. Oxford University Press.
Missouri Historical Society, “The 1904 World’s Fair: Looking Back at Looking Forward.”
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